So, jetzt erst mal die passende Playlist anmachen. Den Soundtrack zum Roman „Bleib“, zusammengestellt von Dieudonné, findest du ganz am Schluss im Anhang oder direkt bei einer bekannten Streaming Plattform.
Und tatsächlich empfand ich das Lesen dieses Romans als rauschhaft und ein bisschen over the top, genau wie den Soundtrack.
Dieudonné, von denen mir die Romane „Das wirkliche Leben“ und das episodenhaft erzählte „23 Uhr 12 – Menschen in einer Nacht“, schon sehr gefallen haben, legt mit „Bleib“ einen weiteren Roman vor, der sich wieder in seinem Thema und von der Erzählart von den anderen unterscheidet.
„M. liegt hier, neben mir. Er ist tot.
Er ist tot.“
Der Roman beginnt dramatisch. M. ist der Geliebte einer Erzählerin Ende 30, die sich eigentlich mit ihrer Affäre ein Liebeswochende in einem Chalet gönnen wollte. Aber plötzlich liegt M. , vermultich ertrunken, im See. Was sich anschließt, ist ein tragisch-komischer Road Trip der Erzählerin mit der Leiche des Mannes im Kofferraum. Die Erzählerin kann sich nicht vom Körper ihrer großen Liebe trennen.
Von Trauer überwältig schreibt sie an die Ehefrau des Mannes und lässt ihre eigene Vergangenheit episodenhaft Revue passieren.
Denn dass die Erzählerin die Geliebte eines verheirateten Mannes wurde, ist kein Zufall, sondern hat eine Vorgeschichte.
Die Erzählerin erzählt von ihren vergangenen Beziehungen, die von ihren Minderwertigkeitsgefühlen und dem toxischen Verhalten der Männer geprägt waren. Sie war abhängig von den Beziehungen und den Männer, unfähig ein Leben ohne Partner zu führen.
“Ich glaube, ich hatte vor allem Angst davor, nicht mehr unter dem Schutz eines Mannes zu leben.”
Auch das hat eine Vorgeschichte, die bis in die Ursprungsfamilie der Erzählerin zurückreicht, wie ich nach und nach erfahre.
Können wir unser Beziehungsmuster durchbrechen?
Was ich an Dieudonnés Texten immer mochte, ist das scharfe Aufblitzen von feministischer Gesellschaftskritik, dass sie in „Bleib“ allerdings leider nur sehr sparsam einsetzt. Und ihren Mut, abgefahrene und drastische Details zu verwenden, auch hier für meinen Geschmack zu dezent und fast unaufdringlich zu nennen.
Für mich war „Bleib“ bis jetzt der schwächste Roman der Autorin, der hinter meinen Erwartungen und Vorfreude zurückgeblieben ist. Thematisch empfand ich ihn als nicht ganz rund und widersprüchlich in der Aussage. Oder zu subtil für mein brachiales Ingenieur*innengehirn.
Dennoch lese ich „Bleib“ stilistisch als spannend und soghaft geschrieben Geschichte einer Emanzipation und einer Lossagung, eingebettet in Liebe und Tod.
Ob sie der Erzählerin letztendlich gelungen ist?
Hast du den Roman schon gelesen und was denkst du?
Vielen lieben Dank an den dtv Verlag für das Rezensionsexemplar mit dem wunderschönen Cover und viel Erfolg an Adeline Dieudonné für den Roman.
Aus dem Französischen von Sina de Malafosse
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