Wenn sogar die von mir sehr veehrte Margaret Atwood auf dem Cover blurbt: »O Bunny, du bist sooo genial!« und auch Lena Dunham beigeistert ist, MUSS ich diesen Roman lesen.
„Bunny“ ist mir tatsächlich auch schon öfter hier auf Bookstagram auf Englisch begegnet und nachdem der Festa Verlag den 2019 erschienenen Roman erstmals auf deutsch herausgebracht hat, ist er jetzt auch als Taschenbuch und Hörbuch erhältlich.
Und ja, ich fand der Roman ist all das, was versprochen wurde: satirisch, köstlich böse, halluzinogen, surreal, scharfsinnig und ich wurde beim Hören des Hörbuchs einfach nur super gut unterhalten.
Gleichzeitig hatte ich aber auch ein bisschen das Gefühl, einer Mogelpackung zu lauschen. Denn die raffinierten und stilistischen Kunstgriffe können mich nicht ganz darüber hinwegtäuschen, dass es in „Bunny“ vielleicht ein bißchen mehr Schein als Sein steckt.
But well. Da sind wir quasi schon beim Thema. Mehr Schein als Sein ist nämlich auch das Motto auf dem Elite College, an dem die Ich-Erzählerin Samantha studiert und sich unter den anderen privilegierten, begabten und reichen Studierenden extrem einsam und ausgeschlossen fühlt.
In ihrem Schreibseminar ist eine eingeschworene Gruppe junger Frauen, die sich gegenseitig Bunnys nennen, und deren Aussehen und Verhalten an die typischen Cheerleadercliquen sämtlicher US Highschool- und Collegefilme erinnert.
Hier glänzen die Bunnys nicht nur mit überzuckerten Zuneigungsbekundungen, sie glänzen auch mit ihrer Vorliebe für die literarisch klassischen Stoffe und mit ihren abstrakt-experimentellen literarischen Schreibentwürfen.
Samantha beobachtet die Bunnys aus sicherer Distanz, ist hin- und hergerissen zwischen größter Verachtung und dem Wunsch, Teil dieser Gruppe zu werden.
Plötzlich und unerwartet erhält sie eine Einladung zum Schundsalon der Bunnys, einer Art intimen, literarischen Salon, die Samantha nach einigem Zögern schließlich annimmt.
Der Plot verliert sich im Kaninchenbau
Was sie in diesem Salon erlebt, sprengt die Grenzen der Realität und lässt Samantha tief in einen Kaninchenbau stürzen, aus dem es so schnell kein Entkommen gibt…
Die satirischen Elemente des Romans gefallen mir wirklich ausgesprochen gut. Awad persifliert und überzeichnet den intellektuelle und gestelzten Dünkel einer gewissen Bildungselite, was mir großen Spaß macht. Auch andere klassische Elemente aus Campusromanen, wie die Cliquenbildung, das Mobbing oder die Beziehung zu einem älteren Dozenten, greift Awad auf und verarbeitet sie.
Weitere große Themen sind Feundschaft, die Sehnsucht nach Zugehörigkeit und Liebe und im Kontrast dazu Einsamkeit und Ausgrenzung.
Die Schwachstelle des Romans ist für mich der Plot, der nach der Hälfte stark abfällt. Die Handlungsstränge, die ins Leere laufen, häufen sich. Die Handlung irrlichtert im Mittelteil orientierungslos, bevor sie schließlich die Richtung zum Showdown einschlägt.
Über Logik möchte ich eigenlich gar nicht diskutieren, da die abgedrehten und surrealen Passagen ein großen Teil des Spaßes ausmachen, aber eine gewisse Stringenz in der Handlungsmotivation der Figuren hätte ich mir dann doch vielleicht gewünscht.
Auch wenn Awad einen Blick auf die Sehnsüchte junger Frauen wirft, bleibt dieser Blick oberflächlich und richtet sich nur vereinzelt auf die strukturellen Probleme und Schwierigkeiten, die mit einer klassistischen, sexistischen und rassistischen Gesellschaft verbunden sind.
Ich kann den Hype um den Roman gut nachvollziehen, und ich freue mich über diese Begeisterung, denn sie zeigt, dass Leser*innen durchaus Freude und Interesse an intelligenter und satirisch böser Unterhaltung haben.
Neuer Roman von Awad im Februar!
Ob ich mir Awads neuen Roman „Rouge“ holen werde, der im Februar erscheint, muss ich mir allerdings noch überlegen.
Als Hörbuch, herausragend gelesen von Henriette Fridoline Schmidt, war „Bunny“ ein ganz besonderes Vergnügen.
Aus dem Amerikanischen von der bildenden Künstlerin, Photographin und Übersetzerin Elena Helfrecht.
Vielen lieben Dank an Der Hörverlag von Penguin für das digitale Hörexemplar. Danke und viel Erfolg an Mona Awad für den Roman!
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