Das Cover von „Das achte Haus“ sprach mich unglaublich an. Es weckte Assoziationen bei mir, die der Inhalt voll einlösen konnte.
Es handelt sich bei „Das achte Haus“ um die literarisch verarbeiteten Recherchen der Historikerin Linda Segtnan über den wahren Mordfall an dem Mädchen Birgitta Sivander im Jahr 1948. Als True Crime möchte ich das Buch aber nicht bezeichnen.
Vielmehr vermischt Segtnan ihre Recherchen mit ihren eigenen vielschichtigen Gedanken und mit ihren gesellschaftlichen Analysen.
„Wie entstehen Monster? Gewalt, die neue Gewalt erzeugt, die neue Gewalt erzeugt. Einige, die Gewalt erfahren haben, verschließen sich, richten sie gegen sich selbst.“
Die neunjährige Birgitta kommt an einem Maiabend nicht wie verabredet nach Hause. Die von den Eltern eingeleiteten Suchmaßnahmen bleiben erfolglos, bis kurz vor Tagesanbruch die Leiche des Mädchens in einem Graben gefunden wird.
Es gibt Verdächtige, doch bis heute ist nicht bewiesen, wer der Mörder des Mädchens ist.
In Gedenken an ein Mädchen
Segtnan stößt auf den Fall, als sie selbst mit dem zweiten Kind, einem Mädchen, schwanger ist und in ihrem Kopf vermischen sich zunehmend die Ängste um ihre Kinder mit den Recherchen des Falls. Nicht nur Birgittas Schicksal lässt sie nicht mehr los, auch das der Angehörigen und der Verdächtigen beschäftigen sie. Birgitta ist nicht das einzige Mädchen, das in der Region und in der Zeit getötet oder missbraucht wurde.
„Die erschreckende Erkenntnis flattert lautlos in meiner Brust, die Mörder sind zeitlos, sie sind nur ein Schatten, der weiterweht, sie sind das Böse, klar wie Quellwasser, das tief in die Erde und durch unsere Kehlen fließt, sie sind Dämonen, sie sind wie die Pest. Sie werden nie vergehen, sie kann man nicht einsperren.“
Segtnan verliert sich fast in einer Spiralen aus düsteren Gedanken und Ängste um ihre eigene Familie. Sie schildert ihre Gefühle sehr ehrlich und authentisch und sprachlich und literarisch auf hohem Niveau. Nicht nur die Szenen aus ihrem Familienleben sondern auch die Ereignisse aus der Tatzeit und während der Gerichtsprozessen werden äußerst unmittelbar greifbar.
Ein intensives, emotionales Buch, das mich gefesselt und berührt hat, mit einer greifbaren und düsteren Atmosphärische. Eine klare Empfehlung, nicht nur, aber besonders, für Krimi- oder True Crime Leser*innen. Aber generell für alle, die nachdenkliche, stimmungsvolle und düstere Bücher mit autobiografischen Anteilen mögen, ist „Das achte Haus“ definitiv das Richtige.
Vielen lieben Dank an den Atrium Verlag und Politycki & Partner für dieses wunderbare Rezensionsexemplar!
Aus dem Schwedischen von Kerstin Schöps
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