Die Ladenhüterin von Sayaka Murata

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Die Ladenhüterin von Sayaka Murata

Ich hörte vor einiger Zeit das Hörbuch von Muratas „Das Seidenraupenzimmer“, das mir ziemlich gut gefallen hat, da nahm ich in der Bücherei auch den Vorgängerroman „Die Ladenhüterin“ mit.

Viele Themen der beiden Romane ähneln sich, wobei das Seidenraupenzimmer viele Ansätze weiter ausarbeitet und viel umfangreicher ist. Die Kernthemen sind aber bereits in der Ladenhüterin erkennbar. Der Bergriff „Die Ladenhüterin“ ist doppeldeutig und benennt die Protagonistin Keiko als Angestellt eines Convenience Stores, aber auch als etwas Übrig gebliebenes, das bis jetzt noch nicht verkauft wurde.

Die Reduzierung der Menschen als Ware, beschränkt auf ihre bloße Funktionsfähigkeit für die Gesellschaft, ist ein typisches Thema Muratas. 

Ihre Figur Keiko, die keine Empathie und Selbstwahrnehmung kennt, wächst als Außenseiterin, als Fremdkörper, in der japanischen Gesellschaft auf. Das erwartete Sozialverhalten erscheint ihr unlogisch, später findet sie in den strengen Vorschriften für die Konbini-Mitarbeiter*innen ein sinnvolles Regelwerk, in dem sie zum ersten Mal Halt und ein Gefühl von Gebraucht werden findet.

Keiko wird zur perfekten Mitarbeiterin (der Taum einer/s jeden Arbeitgeberin/s), die ihren ganzen Alltag und Dasein unter dem Aspekt der Nützlichkeit für den Convenience Store bewertet. Das las ich als witzige Karikatur Japans und unserer Leistungsgesellschaft.

Murata übt noch weitere Kritik z.b. an dem gesellschaftlichen Druck und den Rollenbildern, in denen Frauen und Männer eingeengt werden und auf die sie reduziert werden. Dieser Druck führt bei den Figuren in der Ladenhüterin und auch im Seidenraupenzimmer zu …nunja…pragmatischen Lösungen.

In das Seidenraupenzimmer führt Murata diese Lösungen bis zur absoluten Eskalation, in die Ladenhüterin bleibt es noch bei einer harmloseren Auflösung.

Beide Roman haben mir in der Schreibweise und ihrer zum Teil krassen Handlung (Das Seidenraupenzimmer…I mean…) gut gefallen und unterhalten. Die enthaltene starke Gesellschaftskritik passt nicht nur auf die japanische Kultur, sondern trifft auf auch bei uns ins Schwarze. 

Aus dem Japanischen von #ursulagräfe 

Das Seidenraupenzimmer von #aufbauaudio, gelesen von @Verateltz 

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2 Antworten zu „Die Ladenhüterin von Sayaka Murata“

  1. […] alle Katzen“, in ihrem surrealistisch angehauchten Stil ein wenig an asiatische Autorinnen wie Murata oder Han Kang. Gefällt mir und habe ich im deutschen Sprachraum so noch recht wenig […]

  2. […] bin großer Fan der Autorin Murata. „Das Seidenraupenzimmer“ und „Die Ladenhüterin“ waren für mich zwei abgefahrene, spektakuläre Highlights, die die Absurdität unseres […]