Der Debütroman „Flüchtige Freunde“ fällt laut Klappentext in das Genre Campus-Roman, das eigentlich nicht in meine Leseschubladen passt. Der Kappentext verspricht mir aber auch „elektrische Hochspannung“ und eine Verkehrung des Spiels um Lust und Macht.
Da war ich am Hacken und sehr gespannt auf diesen vielversprechenden Roman. Und ich wurde nicht enttäuscht. „Flüchtige Freunde“ gefiel mir trotz einiger Schwächen ganz gut.
Das Setting ist klassisch und für Nicht-Campus-Roman-Leser*innen eventuell gewöhnungsbedürftig. Es gibt Verbindungen wie Psi Delta und Verbindungshäuser in denen Schwestern nach bestimmten moralischen Regeln leben. Auf den Parties geht es wild her: Alkohol, Sex und Drogen, aber auch Freundschaften und Schwämereien.
Caritjs Hauptfigur heißt Leda (I like!), hat erst vor kurzem ihre Mutter verloren, genießt die Freiheiten der Collegezeit, aber auch die Schwesternschaft in ihrer Verbindung. Auf einer Party an Halloween geht traditionell so richtig die Post ab und auch Leda feiert mit, in der Hoffnung bei ihrem sexy Schwarm Ian landen zu können.
Doch nach der Party wacht sie mit einem gewaltigen Filmriß auf und kann sich an den Ausgang der Nacht nicht erinnern.
In jener Partynacht ist auch eine Studentin verschwunden, mit der Leda kurz vor ihrem Verschwinden eine zufällige Unterhaltung hatte…
Was ist in jener Partynacht geschehen? Wo ist die vermisste Studentin? Was lief genau mit Ian?
Obwohl Suchmannschaften organisiert werden und die Ermittlungen laufen, möchte Leda auf eigene Faust herausfinden, was genau in dieser Partynacht geschah und vor allem was sie in jener Nacht getan hat. Hatte sie Sex mit Ian und wenn ja, war dieser einvernehmlich?
Spannender Campus Roman oder Gesellschaftskritik?
Was anfangs genau so wirkt, wie ich mir eben einen Campus Roman vorstellen, löst sich im Laufe der Geschichte von den Regeln des Genres und überrascht mich vor allem im letzten Drittel mit einem unerwarteten Verlauf. Caritj thematisiert zentral den sexuellen Consens und lässt hier unterschwellig feministische Gesellschaftskritik einfließen. Der Schreibstil ist sehr eingängig und lässt mich flüssig über die Seiten fliegen. Ich fühle mich sehr gut unterhalten und mochte den Roman gerne lesen.
Kritikpunkt gibts für mich aber auch so einige: Caritj fand nicht ganz die Balance zwischen dem konventionellen Campus Krimi und der realistischeren Gesellschaftskritik. Der Wechsel macht den Roman zwar einigermaßen unvorhersehbar und führt ihn auf eine tiefgründigere Ebene, es kommt aber dennoch zu einigem Reibungsverlust.
Der Haupt-Charakter der Leda ist mir psychologisch zu schwach und nicht zu Ende ausgearbeitet. Warum diese Hemmungen mit anderen zu sprechen und die Tendenz zu selbstzerstörendem Verhalten? Ihre Beweggründe und Motive sind mir zu wenig schlüssig und erklärbar.
„Flüchtige Freunde“ hat mir Spaß gemacht und mich ganz gut unterhalten und ich würde mir auch einen weiteren Roman von Caritj holen, selbst wenn “Flüchtige Freunde“ mir nicht als literarisches Highlight im Gedächtnis bleiben wird.
Vielen Dank an Lovelybooks und Berlin Verlag für die Leserunde, an der ich mit einem Rezensionsexemplar teilnehmen durfte!
Übersetzung von Christiane Sipeer
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