Gleich vorweg: Diese Erzählungen in „Frauen und Steine“ waren für mich als tendenziell hedonistische Leserin nicht wirklich das Richtige, auch wenn die Themen, die Dürig in ihnen bearbeitet, genau mein Interessensgebiet treffen.
„Die Frauenfiguren in den Erzählungen stellen alle auf ihre Art die Frage, wie man ankommen kann gegen die patriarchale Versteinerung der Welt“ steht in der Kurzbeschreibung. Diese Frage stelle ich mir nämlich auch.
Dürigs Erzählungen waren für mich schlicht zu schwer zugänglich und zu anspruchsvoll. Und eigentlich ist „Erzählungen“ ein unzureichender Begriff für diese große Variationsbreite an Textformen, die Dürig in ihrem Band verwendet.
In „Frauen und Steine“ findest du natürlich hauptsächlich Prosa, aber auch fragmentarische, gedichtähnliche Texte bis hin zu „Instruction Pieces“, die mich an die Arbeiten Yoko Onos erinnern. Diese Vielfalt gefällt mir sehr gut, auch wenn ich nicht mit allen „Erzählungen“ gleich viel anfangen konnte.
Die in Dialogform geschriebene Geschichte „Um den heißen Brei – Der Dating-Podcast im Futur Zwei“ habe ich sogar abbrechen müssen, weil ich nicht so ganz folgen konnte oder wollte.
Einen besseren Zugang fand ich dann in „Die Verdichtung der Aufmerksamkeit in die Winkel hinein“ über die US-amerikanische Altertumsforscherin Alice Kober, die ihre Karriere der Entzifferung der Linearschrift B aus der Bronzezeit widmete. Dürig vermischt hier fiktive Prosa, die Szenen aus dem Leben Kobers beschreiben mit einer Art Essay auf hohem literarischen Niveau. Die komplett feministische Perspektive in der Geschichte erinnert mich ein bisschen an das Sachbuch „Witches, Bitches, It-Girls“ von Rebekka Endler, das ich gerade parallel dazu lese.
Gruseliger Stolperstein
Ganz besonders gruselig auf sehr realistische und beängstigende Art ist der Text „Katalog der Frauen – Oder zum Beispiel: ein Lamento“.
Wahrscheinlich wäre der Text noch bedeutungsvoller, wenn ich gewusst hätte wer dieser Hesiod ist, aber auch so wirkt er auf mich.
Ganz grundsätzlich verwendet Dürig oft Bezüge zur Mythologie, die mir den Zugang in manchen Geschichten erschweren. Aber mir gefällt ihr starker Fokus auf die Selbstermächtigung ihrer Figuren super gut und er entgeht mir trotz meiner gelegentlichen Leseschwierigkeiten nicht.
Wenn du Freude an anspruchsvollen, variationsreichen und feministischen Texten hast, die definitiv nicht den Mainstream bedienen, ist „Frauen und Steine“ für dich sicherlich ein Tipp!
Mich hat Regina Dürig besonders mit ihrem feministischen Ansatz und ihrer Sprachkunst zumindest so neugierig gemacht, dass ihre preisgekrönte Novelle „Federn lassen“ auf meiner Wunschliste gelandet ist.
Vielen lieben Dank an den unabhängigen österreichischen Literaturverlag Droschl und an Kirchner Kommunikation für das Rezensionsexemplar. Danke und viel Erfolg an Regina Dürig für ihre Erzählungen!
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