Ich bin Fan der Schriftstellerin O’Farrell seit ihrer wunderbaren Kurzgeschichten-Sammlung “Ich bin ich bin ich bin” und auch “Porträt einer Ehe” konnte mich letztes Jahr als Hörbuch so richtig begeistern.
Logisch, dass ihr neuer Roman „Hier muss es sein“ einer der Neuerscheinungen war, auf die ich mich am meisten gefreut habe.
Und tatsächlich ist O’Farrell mit „Hier muss es sein“ trotz kleinerer Kritikpunkte in meinen Augen wieder ein wunderbarer Roman gelungen.
Nach ihren historischen Settings wendet sich die irisch-britische Autorin unserer Gegenwart zu, genauer gesagt, unserer Gegenwart minus ein paar Jahre. Das liegt aber einfach daran, dass “This must be the place” im Original bereits 2016 erschienen ist.
Es ist also nicht wirklich der Neue Roman von O’Farrell, wie ich ursprünglich dachte.
Es ist im weitesten Sinne ein Roman über Liebe in ihren vielfältigen Erscheinungsformen: über romantische Liebe, langjährige Liebe und die Liebe in einer Familie zwischen Eltern und Kindern und Geschwistern.
Aber auch über Schuld, Verantwortung und Trauer.
Auf den über 500 Seiten steht die Beziehung und Ehe von Daniel und Claudette im Mittelpunkt und ihre Beziehungen zu anderen Menschen.
(Zu) viele Perspektiven?
O’Farrell erzählt in wechselnder Perspektive und nur grob chronologisch aus der Vergangenheit ihrer Protagonist*innen. Dabei bekommen nicht nur Daniel und Claudette genügend Raum, sondern noch zahlreiche andere Erzähler*innen, die mich manchmal nur für eine Episode begleiten.
Das macht den Roman abwechslungsreich, aber wirkt auch manchmal ein wenig zerfasert und unfokussiert. Hier hätte mir ein intensiverer Einblick in Daniels und Claudette’s Innenwelt mehr interessiert.
Die Romankonstruktion ist raffiniert und das Auflösen einiger Vorfälle aus Vergangenheit sorgt für die nötige Spannung.
Natürlich ist O’Farrell eine großartige Erzählerin und es kommt keine Langeweile auf, der Roman ist wunderbar zu lesen und hat mir schöne Lesestunden geschenkt. Aber an das spannende Ende wie in „Porträt einer Ehe“ oder an die Intensität von „Ich bin ich bin ich bin“ kommt er nicht heran.
Auch wenn ich mir vielleicht an der einen oder anderen Stelle mehr charakterlichen Tiefgang der Figuren gewünscht hätte, war “Hier muss es sein” wieder tolle Unterhaltung und die nächsten Arbeiten von O’Farrell werden wieder bei mir im Regal landen.
“Welche Erlösung es ist, geliebt zu werden: Wir sind immer unser bestes Ich, wenn wir von einem anderen Menschen geliebt werden. Das ist durch nichts zu ersetzen.”
Vielen Dank an den Piper Verlag für das sehr gewünschte Rezensionsexemplar!
Deutsch von Kathrin Razum
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