Kleine Paläste von Andreas Moster

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Kleine Paläste Andreas Moster

Seit mir „Wir leben hier, seit wir geboren sind“ von Andreas Moster so gut gefallen hatte, wollte ich mehr von diesem großartigen Erzähler lesen. Und die Lektüre von „Kleine Paläste“ bestärkte meine Begeisterung für die Romane aus der Feder des Hamburger Autors.

Auch in „Kleine Paläste“ beschäftigt sich Moster mit dem, was uns gefangen und eingeschränkt hält. Er beobachten und beschreibt genau die inneren und äußeren Wirkmechanismen von gesellschaftlichen Konventionen und ihre Konsequenzen.

Sein Roman beginnt ungewöhnlich, denn in der Eingangszene beschreibt die Erzählerin Sylvia einen Haushaltsunfall, der mit ihrem Tod endet. Auch in späteren Kapiteln, Sylvia ist jetzt ein Geist, lässt mich Moster an ihren Gedanken teilhaben. Und Geister gibt es so einige in den „kleinen Palästen“.

My home is my castle?

Nach dem Tod Sylvias kommt ihr Sohn Hanno nach über dreißig Jahren in sein Elternhaus zurück um die Pflege seines dementen und kranken Vaters zu übernehmen. Unterstützt wird Hanno dabei von der gleichaltrigen Susanne, einer Kinder- und Jugendfreundin, die immer noch im Nachbarhaus wohnt und auch nach dem Tod ihrer Eltern nie weggezogen ist.

Was nur ich als Leser*in weiß: Susanne beobachtet seit 30 Jahren jeden Schritt von Herrn Hotz, Hannos Vater, mit dem Fernglas. 

Warum sie so bessesen vom Leben im Nachbarhaus ist, ahne ich schnell, meine Vermutung wird sich aber erst gegen Ende des Romans bestätigen. 

Bei Moster wird der kleinbürgerliche Traum vom Eigenheim schnell zum Alptraum. Hinter den Mauern der „Kleinen Paläste“ werden Unglück und Geheimnisse versteckt. Alkolismus, finanzielle Probleme und Eheschwierigkeiten sind die offensichtlicheren und vordergründigen. Schuldgefühle, Sexismus und Lieblosigkeit sind die subtileren im Hintergrund.

Moster leuchtet die komplexe und vielschichtige Frage aus, warum Menschen in diesen unglücklichen  Situationen bleiben, ergründet welche Macht die Bewohner*innen der kleinen Paläste dort gefangen hält.

In seinen Erzählstil legt Moster wieder eine Intensität und eine Dramatik, die mir schon in „Wir leben hier, seit wir geboren sind“ so gut gefallen hat. Ich finde seine Gesellschaftskritik an den scheinheiligen bürgerlichen Fassaden treffend, aktuell und auch für mich persönlich relevant. Und trotz der belastenden und düsteren Thematik zeigt Moster Wege der Befreiung für seine Figuren auf, er zeigt, dass Veränderung Teil des Lebens ist und von uns positiv gestaltet werden kann.

Das Gute ist, dass ich jetzt gar nicht mehr lange auf neuen Stoff des Autoren warten muss, denn Mosters neuer Roman „Der Silberriese“ wird noch in diesem Sommer erscheinen und sicher den Weg in mein Bücherregal finden.

„Kleine Paläste“ erschien 2021 beim Arche Verlag.

  • Andreas Moster
  • Kleine Paläste Andreas Moster Klappentext

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