Ich habe keine Zeit gehabt zu Ende zu schreiben
| Biografie und Gedichte| – Marion Tauschwitz
Selma Merbaum wurde nur 18 Jahre alt. Heute, am 05. Februar, wäre die rumänisch deutschsprachige Dichterin 100 Jahre alt geworden.
Ich möchte dir heute ihre Gedichte und die Biografie von Marion Tauschwitz ganz besonders ans Herz legen.
„An uns ist es, die Erinnerung an sie wachzuhalten und Menschen wie Selma vor der Verniemandung zu bewahren.“
Zwei Abbildungen in der Biografie von Selma Merbaum berühren mich ganz besonders. Es ist der starke Kontrast zwischen der Fotografie einer lachenden, lebensfroh erscheinenden jungen Frau mit ihrer Freundin und der schnell hingeworfen Skizze mit dem Titel „Selmas Grablegung“.
Zwischen diesen beiden Bilder liegt der menschenverachtende und todbringende Wahnsinn und Hass der Nazis.
Während jede*r die Gedichte des überlebenden Paul Celan kennt, sind die Arbeiten der jungen Dichterin Merbaum weitaus weniger bekannt, auch wenn ihr Werk mittlerweile zur Weltliteratur gezählt wird.
Das vorliegende Buch des zu Klampen Verlags beinhaltet nicht nur die Biografie dieser unkonventionellen jungen Frau, die Tauschwitz in jahrelanger Forschung zusammengetragen und ausgegraben hat, sondern ein vollständiger Abdruck ihres überlieferten Gedichtbandes „Blütenlese“. Vervollständigt wird die Ausgabe durch ein Vorwort von Iris Berben, neue Erkenntnisse und einem Nachwort.
Biografie und Gedichtband in einem
Die Biografie gibt einen sehr guten und informativen Einblick in Merbaums kurzes Leben. Aber auch in die damalige gesellschaftliche und politische Situation in Czernowitz, Rumänien.
Über das rein biografische hinaus analysiert Marion Tauschwitz Stil und Inhalt der Gedichte Merbaums bezugnehmend auf ihre jeweilige Lebenssituation.
Merbaums Sprache vergleicht Tauschwitz mit dem der frühen Rose Ausländer und sie bedauert dass deren Stil nicht reifen konnte.
Für mich sind die Gedichten eine mir bis dato unbekannte Entdeckung. Die Zeilen bewegen mich, umso mehr da in vielen der traurig, melancholischen Worte bereits die Dunkelheit wie in einer Vorahnung lauert.
Sehr schmerzhaft und beklemmend ist die Vorstellung der vielen Lebensfreude und Lebenslust, die Merbaum als junge Frau empfunden haben muss, und die vernichtet und ausgemerzt wurde.
„Ich will dann lachen. Und dann klingt die ganze Luft – die Sonne klingt. Das Wasser klingt, es klingt die Nacht – so hör, ich hab für dich gelacht!“
Ein sehr eindrückliches Stück Erinnerung, das ich dir unbedingt ans Herz legen möchte.
Vielen Dank an den zu Klampen Verlag für das Rezensionsexemplar und die Ermunterung mich an die Lyrik von Merbaum zu heranzuwagen.
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