Um diesen Roman „Treue“ schleiche ich schon länger, aber die Kurzbeschreibung hat mir nie richtig Lust gemacht, es zu lesen.
Denn anscheinend geht es darin um ein Thema, um das ich lieber einen großen Bogen mache. Nämlich um den Lebenslauf eines weißen, reichen Knackers und das Ganze auch noch in einem historischen Setting.
Been there, done that, dachte ich.
Aber die positiven Besprechungen und Leseaufforderungen meiner Bookies Dunis Lesefutter und Bookster HRO haben mich dann doch überzeugt und ich bin sehr (!) froh darüber.
Denn natürlich bekommt ein Roman, der schlicht erzählt, wie ein bereits reicher Typ mit Geld clever an der Börse spekuliert und dabei noch reicher wird und es auch noch schafft sich am großen Börsencrash 1929 zu bereichern, nicht einfach so einen Pullitzer Preis.
Nein, da geht Diaz schon komplexer vor, was sich mir relativ schnell aus dem formidablen Erzählstil erschließt.
Im Mittelpunkt des Romans steht das Geld. Nein, vielmehr unsere Gier nach Geld, die Mechanismen des Geldes und die Metasymbolik des Geldes.
Money makes the world go round…
Es geht um Macht und um die Deutungshoheit, die immer auch mit Geld verknüpft ist.
Es geht um die Dinge, die man sich mit Geld kaufen kann und um Dinge, die nicht käuflich sind.
Der Roman, in dessen örtlichen Mittelpunkt New York und dessen zeitlichem Mittelpunkt der große Börsencrash von 1929 steht, entwickelt sich für mich äußerst spannend und überraschend. Die Pointen sind perfekt konstruiert und verwandeln den Roman in was ganz anderes, als es die unliebsame Kurzbeschreibung vermuten ließ. Ich habe den Turnaround als solchen schon öfter gelesen, deswegen bin ich über manche Eröffnungen nicht wirklich überrascht. Aber das stilistische Können Diaz‘ machen mir ungeheure Freude und Vergnügen.
Diaz gehört für mich mit „Treue“ zu den großen amerikanischen Erzähler*innen, die ich so sehr liebe. Ich muss mir dringend bald nich mehr Stoff von ihm beschaffen.
Gesprochen wird das sensationelle Hörbuch vom Argon Verlag gleich von vier herausragenden Sprecher*innen: Stephan Schad, Johann von Bülow, Sabine Arnhold und Valery Tscheplanowa, die mich schon mit ihrer Autorinnenlesung ihres Romans „Ein Pferd im Brunnen“ so begeistert hat.
Erschienen als Hardcover 2022 bei Hanser Berlin.
Übersetzt aus dem Englischen von Hannes Meyer
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