Der Roman hat mich ganz schön erwischt! Ich schrecke vor hartem Stoff nicht zurück, aber „Die Hexen von Cleftwater“ hat mich ganz schön mitgenommen.
Das lag an dem spannenden Schreibstil, aber vor allem an den Babys. Nein, ich kann es einfach nur schwer ertragen, wenn Neugeborenen und ihre Mütter leiden müssen…
Und leidende Neugeborene gibt es in diesem Roman mehrfach. Nicht nur die Kleinsten leiden, sondern auch die Frauen, denn Margaret Meyers Roman spielt in in einem kleinem Dorf in England zur Zeit der Hexenverfolgungen des 17. Jahrhundert.
Meyers Protagonistin Martha ist stumm und arbeitet seit vielen Jahren als kräuterkundige Hebamme. In dem Haushalt, dem sie angehört, wird gleich zu Beginn des Romans eine junge Dienstmagd festgenommen und als Hexe angeklagt.
Immer mehr Frauen werden in dem kleinen Ort Cleftwater der Hexerei verdächtigt, denn der Hexenjäger ist vor Ort und vermutet einen Hexenzirkel.
Ich finde, auch wenn Meyer in erster Linie einen historischen Roman, der der Unterhaltung dienen soll, geschrieben hat, dass sie einige der gesellschaftlichen Wirkmechanismen der Hexenverfolgung deutlich herausarbeitet.
Die Verdächtigungen werden nicht wahllos ausgesprochen, sondern sie treffen vor allem Frauen, die am Rand stehen, ausgegrenzt sind, sich den Wünschen der Männer nicht in jeder Hinsicht fügen wollen.
Auch gefühlte Ungerechtigkeiten und Neid äußern sich diesen Anschuldigungen. Den Verdacht eine Hexe zu sein zu widerlegen ist quasi unmöglich und Folter und psychologischer Druck führen schnell zu vermeintlichen Geständnissen.
Hexenverfolgung als Ventil für gesellschaftliche und soziale Probleme
Auch Martha gerät bald unter Verdacht, was sie in einen Zwiespalt ihres Gewissens stürzt, denn was keiner weiß: Martha besitzt einen Aztmann, ein kleines Wachsfigürchen, dem magischen Kräfte zugesprochen werden….
Der Aztmann zieht sich wie ein roter Faden durch den Roman und Meyer nutzt das symbolträchtige Püppchen als Projektion für die Zweischneidigkeit des Glaubens und die Ambivalenz von Gut und Böse in uns Menschen.
Die in Meyers Roman enthaltene Geschichte ist zwar definitiv fiktiv und aus Gründen der Unterhaltung verdichtet und dramatisiert, basiert aber auf realen historischen Ereignissen und ist wie der Meyers Danksagung zu entnehmen ist, detailliert recherchiert.
Für mich war die „Die Hexen von Cleftwater“ ein emotional sehr mitreißender historischer Roman, dessen Andeutungen von feministischer Gesellschaftskritik für mich gerne noch deutlicher hätten ausfallen können. Die handlungsreicheren Szenen wirkten minimal zu wenig auserzählt und zu schnell geschnitten.
Diese kleineren Kritikpunkt minderten aber die erzählerische Sogwirkung nur minimal. Ich möchte dir diesen äußerst fesselnden, historischen Pageturner gerne weiterempfehlen!
Natürlich nur, wenn du die leidenden Neugeborenen handeln kannst.
Aus dem Englischen von Cornelius Hartz.
Vielen lieben Dank an den C.H.Beck Literatur Verlag für das wunderbare Rezensionsexemplar!
Schreibe einen Kommentar