Das Hörbuch zu „Süsswasser“ hat mich ziemlich fasziniert. Und umgehauen! Akwaeke Emezi hat hier einen verstörend guten und außergewöhnlichen Debütroman geschaffen.
Akwaeke Emezi ist aktuell gerade wahrscheinlich mehr bekannt durch den Roman „Du bist so schön, sogar der Tod erblasst“, das auf widersprüchliches Echo gestoßen ist. So wurde ich auf Emezi aufmerksam und wollte mit gerne mit ihrem/seinem viel besprochenem und preisgekrönten Debütroman „Süsswasser“ beginnen.
Der Einstieg in den Roman fiel mir nicht ganz so leicht, den er beginnt mit einer Art transzendenten Schaffungsgeschichte. Später wird die Geschichte dann allerdings konkreter und die Zusammenhänge erschließen sich.
Es bleibt jedoch komplex, denn in Emezis Protagonstin Ada leben viele verschiedene Identitäten, mit unterschiedlichen Charakteren.
Ada ist eine multiple Persönlichkeit.
Ich höre Adas Geschichte jeweils aus verschiedener Perspektive, am stärksten nach vorne treten aus allen Brüderschwestern die Persönlichkeiten von Ashughara und Saint Vincent.
Der Menschenkörper von Ada wird in Nigeria geboren und zieht später in die USA um dort zu studieren. Dort entsteht Ashughara aus einem gewaltsamen Trauma heraus und beschützt Ada fortan mit ihrer Stärke.
Es ist so fesselnd und absolut faszinierend wie Emezi diese Persönlichkeitsspaltung literarische herausarbeitet und diesen unterschiedlichen Identitäten eine Stimme gibt und miteinander agieren lässt. Es ist aber nicht immer ein Miteinander, der schmale Grat zwischen Beschützen und Kontrolle birgt seine ganz eigenen Risiken.
Haben wir alle mehrere Identitäten?
Auch mich spaltet Emezis Roman emotional auf in meine verschiedenen Persönlichkeiten, die zwar nicht aktuelle in mir leben, sondern bereits in der Vergangenheit liegen, wie bestimmt in vielen von uns. Das ist wahrhaft kunstfertige an dieser Geschichte, dass Emezis nicht nur die Geschichte einer einzelnen multiplen Persönlichkeit erzählt, sondern auslotet wie bei jedem von uns die Teile unserer Persönlichkeit miteinander in Widerspruch stehen können und unser Handeln beeinflussen.
Emezis Stil finde ich Hammer, ich liebe Ashugharas krafvolle, manchmal derbe und gewaltvolle Erzählweise. Die eingeschobenen metaphysischen, göttlichen Einschübe haben mir weniger gut gefallen, vervollständigen aber das Bild der Brüderschwestern auf abstrakte Art. Doch Emezi wird auch schmerzhaft konkret, wenn es um Adas Körper und die Ursachen und Folgen ihrer multiplen Persönlichkeit geht.
Das Ende des Romans bewegt mich und ich finde ihn wahrlich wunderbar!
Eine Hörbuchempfehlung für alle, die Akwaeki Emezi unabhängig oder parallel zu „Du bist so schön, sogar der Tod erblasst“ entdecken wollen.Ich möchte Emezis Bücher weiter erforschen und bin definitiv neugierig auf die anderen Romane!
Das Hörbuch „Süsswasser“ erschien bei Lübbe Audio. Genialer Vortrag von Schauspielerin und Sprecherin Julia Nachtmann. Übersetzt von Senthuran Varatharajah und Anabelle Assaf.
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