„Das Beste sind die Augen“ ist nach „Boy Parts“ von Eliza Clark innerhalb von kurzer Zeit schon der zweite Roman über Female Rage, der mich komplett begeistert und gefesselt hat. Beworben wird der Sunday Times-Bestseller von Monika Kim unter dem Begriff „feministischer Horrorroman“. Wobei es natürlich immer eine Frage der persönlichen Definition ist, was du zum Genre Horror zählst.
Die koreanisch-amerikanische Autorin Monika Kim vermischt in ihrem Debütroman scharfe Gesellschaftskritik mit spannender und teilweise surrealer Unterhaltung. Eine großartige Mischung, wie ich finde.
Ihre Ich-Erzählerin, die junge Jiwon, ist genauso wie Kim selbst, die Tochter koreanischer Einwander*innen in den USA. Sie erlebt rassistische Ausgrenzung und die großen Unterschiede zwischen der Kultur ihrer Eltern und dem amerikanischen Umfeld, in dem sie lebt.
Einen besonderen Fokus legt Monika Kim auf die krasse Exotisierung und Sexualisierung asiatischer Frauen durch weiße Männer.
Der Roman beginnt damit, dass Jiwons Vater die Familie verlässt um mit einer jüngeren Frau zusammenzuleben. Jiwons Mutter hat viele sexistische und patriarchale Strukturen tief verinnerlicht und fällt in ein tiefes Loch aus Selbsthass und Verzweiflung.
An diesem Tiefpunkt ist sie die perfekte Partnerin für den blauäugigen George, der eine große Vorliebe für devote, asiatische Frauen hat und sie in jeder Beziehung ausnutzt. Jiwon erkennt, anders als ihre Mutter, schnell den wahren Charakter von George, ist aber gegen die Verliebtheit ihrer Mutter machtlos.
Jiwon hat selbst mit eigenen Problemen zu kämpfen: der Übergang an die Uni fällt ihr schwer. Sie lernt neue Freund*innen kennen und entwickelt eine (sehr) bedenkliche Obsession für blaue Augen.
Das Beste sind die Augen?
Kim nimmt sich für den Aufbau des Spannungsbogens viel Zeit und gestaltet die Figuren sorgfältig. Das gibt ihr viel Raum für die Analyse von gesellschaftlichen Strukturen, denen Rassismus und Sexismus zugrunde liegen. Surreale Szenen, bei denen nicht auf den ersten Blick klar ist, ob sie nur der Fantasie und den Träumen der Erzählerin entstammen, sorgen bei mir für zusätzliche Spannung.
Dazwischen immer wieder als Thema Jiwons Obsession für blaue Augen. Eine Spiegelung ihrer eigenen Objektisierung durch die Männer in ihrem Leben?
Mir gefällt, dass Kim zeigt, dass Rassismus und Sexismus nicht nur in der plumpen, druchschaubaren Art eines George auftreten, sondern auch viel subtiler und schwerer erkennbar sein können. Jiwons Studienkollege und Wannabe Love-Interest Jeffery steht für eine jüngere und modernere Form männlichem weißen Anspruchsdenkens.
Denn beide Männer leben in dem sicheren Bewusstsein ihrer weißen, männlichen Privilegien – ein Bewusstsein, das sie automatisch glauben lässt, Frauen seien ihnen unterlegen und stünden ihnen als reine Objekte für ihre Bedürfnisse zur Verfügung.
Richtig Spannung kommt dann auf den letzten Seiten auf, wo Kim einen action- und blutreichen Showdown zündet, der mir richtig gut gefallen und einigen Spaß gemacht hat.
Im ganzen Roman verteilt gibt es einige explizite Splatterszenen (vor allem mit Augen), deren Heftigkeit ich persönlich jetzt aber als moderat bezeichnen würde.
Feministischer Horror trifft gesellschaftskritischen Nervenkitzel
Ich fand „Das Beste sind die Augen“ richtig toll und sehr vielversprechend für den Start des neuen, superfreshen Imprints Kiwi Sphere Verlag vom Kiwi Verlag. Vielen Dank für das mega Rezensionsexemplar und ganz viel Erfolg! Danke und viel Erfolg an Monika Kim für den Roman.
Das dazugehörige Hörbuch wird genial und genau passend von der Schauspielerin, Regisseurin und Sprecherin Christiane Marx gesprochen und verleiht Monika Kims Erzählerin Jiwon ganz viel Lebendigkeit. Produziert wurde das Hörbuch vom Argon Verlag, von dem ich über Netgalley ein digitales Hörexemplar zur Verfügung gestellt bekommen habe. Danke!
Übersetzt von Jasmin Humburg
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