Bei mir als Zyniker*in haben es Bücher, die ich als Wohlfühlbücher kategorisiere, schon ziemlich schwer (wie du beispielsweise in meiner Rezension zu „Für Polina“ von Takis Würger lesen kannst). Und „Wie du mich ansiehst“ kategorisiere ich definitiv auch als das, was ich unter einem Wohlfühlbuch verstehe.
Aber das ist in diesem Fall auch gar nicht schlimm.
Nach Eva Lohmanns Erfolgsroman „Das leise Platzen unserer Träume“, der mir ziemlich gut gefallen hatte, war ich mit der sympathischen Figurenzeichnung der Autorin bereits vertraut und fand sie genauso auch wieder in ihrem neuen Roman.
In „Wie du mich ansiehst“ widmet sich Lohmann einem Thema, das uns alle betrifft: das Älterwerden. Ihre Protagonistin Johanna ist gerade 40 geworden und hadert mit dieser Zahl. Sie entdeckt die ersten Fältchen im Gesicht und hat das Gefühl, sie zieht auf der Straße keine männlichen Blicke mehr auf sich.
Und wahrscheinlich noch mehr Grund für ihre aktuelle Lebenskrise ist der Tod ihres Vaters Karl, mit dem sie eine enge Beziehung verband. Die Trauer ist noch frisch.
Ihr Tochter Rosa ist schon eine Teenagerin und braucht sie als Mutter nicht mehr so sehr wie früher und ihr Mann, mit dem sie eigentlich eine sehr gute Ehe führt, ist als Hochseekapitän viel unterwegs.
Auch in ihrem Beruf, sie führt selbstständig einen kleinen Blumenladen, hat sie das Gefühl, dass ihre jüngere Kollegin weit mehr neue Ideen und Schwung mitbringt als sie selbst.
Also warum diesem Gefühl von Abnutzung und schwindender Attraktivität nicht zumindest äußerlich entgegenwirken?
Johanna entschließt sich, ihre optisch störende Sorgenfalte auf der Stirn kosmetisch mit einem kleinen Eingriff verschwinden zu lassen.
Und tatsächlich wendet sich ihr Leben mit dem neugewonnen Selbstbewusstsein zum Besseren. Johanna möchte an diesem Gefühl festhalten und entscheidet sich für weitere Behandlungen…
Subtile und leichte Gesellschaftskritik
Du ahnst es vielleicht schon: Kosmetische Behandlungen werden Johannas Probleme und ihre Schwierigkeiten mit dem Älterwerden nicht dauerhaft lösen.
Aber das wirklich Schöne an Lohmanns Roman ist, dass er Johannas Versuche, das Älterwerden zumindest optisch zu verzögern, nicht verurteilt.
Jetzt ist „Wie du mich ansiehst“ natürlich kein feministisches Manifest, das die Abwertung von älteren Frauen* und ihre generelle Reduzierung auf sexuelle Verwertbarkeit anprangert, sondern federleichte Gesellschaftskritik, die nicht über die Maßen belastet.
Und wenn ich so etwas lesen möchte, dann von Eva Lohmann. Auch ihre Figuren verströmen so eine herrliche Wärme und Leichtigkeit, die mir manchmal in meinem eigenen Leben fehlt. Wer hätte nicht gerne so eine Mitarbeiterin und Freundin wie Ruby?
Am Schluss greifen mir allerdings die Puzzelsteine dann doch fast zu glatt ineinander, die Probleme lösen sich zu wohlfeil auf und die Lebenskrise ist dann doch zu schnell beseitigt, weswegen mir Lohmanns „Das leise Platzen unserer Träume“ besser gefallen hatte.
Wenn du nach einem Wohlfühlbuch suchst, dass sich nuanciert und auf leichte Art mit dem Älterwerden und Trauer beschäftigt, ist „Wie du mich ansiehst“ auf jeden Fall ein Roman für dich. Oder auch wenn du einfach gerne mal mit liebenswerten Figuren einen Weile aus deinem Alltag abtauchen möchtest.
Vielen lieben Dank an den Eisele Verlag und Politycki & Partner für das wunderschöne Rezensionsexemplar in der thematisch gestalteten Bloggerinnenbox. Danke und viel Erfolg an Eva Lohmann für den Roman!
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